Heute ist ein schöner Tag für eine Katze. Ich liege faul in der Sonne und genieße die Wärme auf meinem Fell. Seitdem mich meine neue Familie aus dem Tierheim geholt hat, geht es mir richtig gut. Ich schaue ihnen gern bei der Gartenarbeit zu. So wie heute. Aber … Was ist das? Wo kommt dieser interessante Geruch her? Da muss ich doch gleich einmal schauen gehen, wo das herkommt. Langsam schleiche ich durch den Garten, ducke mich unter einem Zaun hindurch, streife durch das Gebüsch. Immer dem Geruch nach, der mit jedem Schritt stärker wird. Ich bin fast da. KRACH! Gefahr? Was war das? Panisch drehe ich mich um, will fliehen. Aber ich stecke fest. Ich sitze in der Falle. Um mich herum sind Wände und Gitter. Ich kann nicht entkommen. HILFE! GEFAHR!
So etwa könnte es gewesen sein. So ähnlich wird Katze Nina es vielleicht empfunden haben, als sie nichts ahnend einer Spur folgte und in eine Marderfalle tappte, aus der sie sich selbst nicht mehr befreien konnte.
Die Geschichte von Katze Nina, die uns Frau C. erzählt, ist unglaublich. Nina wurde vor zweieinhalb Jahren völlig abgemagert im Essener Stadtpark gefunden und ins Tierheim gebracht. Dort war sie erst einmal vier Wochen in Quarantäne und wartete dann sehnsüchtig auf ein neues Zuhause. Frau C. und ihr Mann hatten gerade erst ihre alte Katze nach über 13 Jahren einschläfern müssen. Es war ein trauriger Anlass, doch sie trösteten sich mit dem Gedanken, dass die Katze ein wirklich glückliches Leben als Freigänger bei ihnen führen konnte. Nun wollten sie einer anderen Katze Zuflucht geben und in ihrem Zuhause willkommen heißen. Also fuhren sie ins Essener Tierheim.
Katze Nina eroberte die Herzen im Sturm und bekam ein neues Zuhause
„Es war wirklich beeindruckend, wie diese Katze sich uns ausgesucht hat! Nina hat wirklich jedes Mal Rabatz gemacht hinter der Scheibe, wenn wir an ihrem „Zimmer“ vorbeigekommen sind. Sie hat die ganze Zeit auf sich aufmerksam gemacht und unsere Herzen im Sturm erobert. Dann haben mein Mann und ich sie natürlich mit nach Hause genommen.“
Anfangs schien Nina nicht sehr verschmust zu sein. Sie war schreckhaft und startete hin und wieder Scheinangriffe. Ihre zurückhaltende Art legte sich jedoch innerhalb kürzester Zeit. „Die Katze hat sich total gewandelt. Sie ist ein so liebes Tier geworden und so unglaublich anhänglich. Sie macht uns wirklich große Freude.“
Heute ist Nina etwa sechs Jahre alt. Sie hat nach wie vor Angst vor Autos und vor Straßen. Besonders im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, die wohl dachte, dass jedes Auto halten würde, wenn sie über die Straße lief, erzählt uns Frau C. Nina aber meide Straßen, wie die Nachbarn auf der gegenüberliegenden Seite bestätigen können. Sie haben Nina noch nie auf der anderen Straßenseite gesehen. Sie scheint tatsächlich in den unmittelbar angrenzenden Gärten zum Grundstück von Familie C. zu bleiben. „Man muss sich die Straßen hier vorstellen wie ein Dreieck. In der Mitte kommen alle Gärten zusammen. Für Nina ist es ein Paradies. Dort gibt es auch einen kleinen „Wildgarten“, also eher ein verwildertes Gartengrundstück.“
Und dann war Nina eines Sonntagnachmittags plötzlich verschwunden und tauchte nicht wieder auf. Sie war wie vom Erdboden verschluckt.
Der Beginn einer nervenaufreibenden Suche: Wo war Nina?
Natürlich bewege sich Nina im Umkreis ihres Zuhauses, sagt Frau C. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie überfahren wurde, sei aber verschwindend gering, zumal sie sofort alle Straßen abgefahren seien, nachdem sie Ninas Verschwinden bemerkt hatten. Aber nirgends war eine tote Katze am Straßenrand zu sehen. Natürlich haben sie die Katze gleich am nächsten Tag bei den bekannten Haustierregistern als vermisst gemeldet. „Wir haben auch alle Nachbarn befragt. Ich glaube, ich habe knapp 100 Suchzettel gedruckt und bei allen Nachbarn und in allen Briefkästen verteilt. Darauf tat sich gar nichts.“
Dann fiel Frau C. noch Facebook als weitere Möglichkeit zur Unterstützung bei der Suche ein. Sie veröffentlichte ihr Anliegen in einigen Essener Gruppen und bekam darüber auch viel Resonanz und Hilfsangebote von Leuten, die in ihrer Umgebung nach Nina schauen wollten. Doch es half alles nichts. „Die Katze war wie vom Erdboden verschluckt.“
Während Frau C. erzählt und sich zurückerinnert, ist die Verzweiflung und Trauer in ihrer Stimme deutlich spürbar. „Wir haben wirklich alles abgesucht. Wir haben sie immer wieder gerufen, denn sie hört auf ihren Namen. Doch sie reagierte nicht. Wir sind durch dieses Unterholz im Wildgarten gekrochen, aber es gab keine Spur von Nina.“
Die Woche verging und die Hoffnung schwand zusehends, weil es wirklich so gar nicht zu ihr passte, nach drei bis vier Stunden nicht wiederzukommen. Irgendetwas musste passiert sein. „Es war uns unerklärlich. Wir haben gedacht: Das wird nichts mehr.“
Eine Nachbarin meldete sich: Nina sei bei ihr im Garten
Das Wochenende stand bereits vor der Tür und noch immer gab es keinerlei Spur von Nina. Doch dann, über eine Woche später, nachdem Nina verschwunden war, schrieb eine Nachbarin von einer der Nebenstraßen über eine der Essener Facebook-Gruppen, diese Katze sei bei ihr im Garten und sie schickte ein Bild. Die Frau lebt schätzungsweise 250 Meter Luftlinie entfernt. Leider war durch das Foto nicht zu erkennen, ob es sich wirklich um Nina handelte, da es viele ähnlich aussehende getigerte Katzen gäbe.
„Wir sind sofort dorthin gefahren und die Katze lag da immer noch ganz chillig auf einem Holzhaufen“, erzählt Frau C. „Sie war es aber nicht. Als ich mich der Katze näherte, um wirklich sicher zu sein, dass es sich nicht um Nina handelt, ist sie weggelaufen. Und zwar in Richtung dieses Wildgartens. Nach einer Woche waren wir so paranoid, dass wir dachten: Vielleicht ist es doch unsere Nina! Ich bin ja gar nicht nah genug herangekommen, um sicher zu sein.“ Natürlich war es nicht ihre Katze Nina, aber sie sagten sich, dass sie jetzt noch einmal hinterhergehen würden und krochen dann auf allen Vieren über das verwilderte Grundstück. Inzwischen war offensichtlich jemand dort gewesen und hatte mit einer Motorsense das Grundstück etwas begehbarer gemacht. Vorher gab es gar kein richtiges Durchkommen wegen all der Brombeerbüsche usw. So konnten sie dieses Mal ein ganzes Stück weiter vordringen.
Ein leises Miau gab erste Hinweise auf den Aufenthaltsort der Katze
Aus lauter Verzweiflung riefen sie immer wieder ihren Namen, auch wenn sie die Hoffnung bereits aufgegeben hatten. Nina, Nina! … Und auf einmal hörten sie ein ganz leises Miau. „Mein Mann und ich schauten uns an und ich sagte: Sag mal, hast du das jetzt auch gehört?“ Inzwischen waren bereits neun Tage seit Ninas Verschwinden vergangen! Frau C. sagte zu ihrem Mann: „Ich glaube, wir sind jetzt langsam verrückt. Das kann nicht sein!“ Sie riefen wieder nach Nina und nun erhielten sie auf jedes Rufen immer eine Antwort. „Mein Mann sagte: Jetzt ist es mir egal, ich steige über diesen Zaun hier und gehe dem Miauen hinterher!“
Statt eines Marders ging Katze Nina in die Falle
Auf dem Grundstück befand sich weiter hinten eine heruntergekommene Gartenlaube, doch die Tür war verschlossen und durch die Fenster konnte man nichts erkennen. „Auf einmal hörten wir wieder ein klägliches Miau.“ In unmittelbarer Nähe der Laube war eine Lebendfalle für Marder aufgestellt, gut versteckt unter einem großen Stück Dachpappe. Und wer saß in der Falle und miaute herzzerreißend? Katze Nina!
Die im Garten aufgestellte Falle wurde nie kontrolliert – Ninas Überleben grenzt an ein Wunder
„Ich kann einfach nicht begreifen, wie man so etwas tun kann. Wenn man eine Marderfalle aufstellt, mal ganz abgesehen davon, dass das verboten ist, dann muss man die Falle doch trotzdem regelmäßig kontrollieren. Man kann so eine Falle doch nicht unbeaufsichtigt lassen. Da kann z. B. eine Katze reinlaufen oder ein Kaninchen oder was auch immer. Kein Tier verdient es, da so elendig zu verenden, ohne Wasser und Futter. Ich frage mich eh, wie sie das geschafft hat, so ganz ohne Wasser.“ Es grenzt an ein Wunder, dass Nina diese lange Zeit ohne Nahrung und Flüssigkeit überleben konnte. Zusätzlich sei es in dieser Zeit extrem heiß gewesen. Es hatte kein einziges Mal geregnet und die schwarze Dachpappe hat die Zeit in der Falle bestimmt nicht angenehmer gemacht für die arme kleine Nina. Aber irgendwie hat sie es doch geschafft. Sie sei sehr abgemagert gewesen, schildert Frau C. „Sie muss definitiv die ganzen neun Tage in dieser Falle gesessen haben, sonst wäre sie gar nicht erst verschwunden und wäre noch am selben Tag wieder nach Hause zurückgekehrt.“
Trotz der Tortur und des abgemagerten Zustands sei Nina topfit gewesen. „Sie hat gefressen, sie hat getrunken. Sie war überglücklich, wieder zu Hause zu sein. Sie hat geschmust ohne Ende und ja … Alles ist wieder gut.“